Mit dem Wind auf drei Reifen über den Sand

Land- und Strandsegeln liegt im Trend. Noch ist die Fangemeinde überschaubar, doch jedes Jahr entdecken mehr Menschen diese schnelle und besondere Form des Segelns auf festem Untergrund für sich. Wir stellen Ihnen hier diese rasante DSV-Segelsportart vor. Vielleicht haben Sie Lust, es einmal selbst zu versuchen.

Strandsegler in Action vor St. Peter-Ording. Foto: Marc Duminy
Strandsegler in Action vor St. Peter-Ording. Foto: Marc Duminy

Mit mehr als 80 Stundenkilometern über den Sand rasen, zugleich das Gelände lesen und bedacht den optimalen Kurs vorbei an Sandlöchern und Prielen finden – diese vielschichtige Herausforderung zaubert der Strandseglerin Maike Meyer, 53, schon beim Erzählen ein Lächeln der Glückseligkeit ins Gesicht. „Das ist immer wieder reizvoll“, sagt sie, „und gibt mir immer wieder einen neuen Kick.“

Maike Meyer ist Strandseglerin von ganzem Herzen und zugleich Vorsitzende des Yachtclub St. Peter-Ording an der Nordseeküste. Die Gemeinde mit ihren langen Sandstränden gilt als Mekka der Strandsegelszene und zieht immer wieder neugierige Beobachter und interessierte Einsteiger in den Norden. Wer mag, kann bei der benachbarten DSV-lizensierten „Nordsport Strandsegelschule“ auf einer der Landyachten reinschnuppern in diese Sportart.

Reinschnuppern an der Nordseeküste und auf den ostfriesischen Inseln

Strandsegler am Nordstrand von Borkum. Foto: World of Wind
Strandsegler am Nordstrand von Borkum. Foto: World of Wind

Während die Strandsegler an der Küste in St. Peter-Ording davon abhängig sind, dass die Flut den Strand wieder freigibt, kann man auf der ostfriesischen Insel Borkum am Nordstrand zu jeder Zeit lossegeln: Eine große vorgelagerte Sandbank in der Nordsee, die Plate, schirmt das Gebiet gegen die Gezeiten ab. Ideale Bedingungen also für den DSV-Verein Strandsegel- und Kitebuggyclub Bochum e.V. und die DSV-lizensierte Schule „World of Wind“. Chris John, Inhaber der Schule und begeisterter Strandsegler seit mehr als 20 Jahren, schwärmt: „Wenn du an der Wasserkante, mit Blick auf das Meer und der Sonne im Gesicht, entlang segelst, dann ist das Glück pur.“ Beim Strandsegeln sei alles sehr direkt, sehr deutlich und „du musst rasend schnell Entscheidungen treffen“. Sonst landet man schon einmal im Priel.

Auf Borkum steigen Neugierige anfangs in die Klasse der sogenannten Minis, die kleinsten Landyachten „von der Stange“. In diesen Yachten sitzen die Pilotinnen und Piloten ein wenig aufrechter, sie sind auseinandernehmbar, bei einem Packmaß von 1,50 Metern problemlos im Autokofferraum zu transportieren und erfreuen sich auch bei Fortgeschrittenen großer Beliebtheit. Es gibt dort zusätzlich einen Doppelsitzer, der sich auch bestens für Seglerinnen und Segler mit Handicap eignet.

Am Anfang stand das fürstliche Vergnügen – ein kurzer Blick in die Geschichte

Lastensegler auf Rädern in China standen Pate, als ein Physiker und Wasserbauingenieur für den niederländischen Fürsten Moritz von Oranien den ersten Segelwagen konzipiert hat. 95 Kilometer raste der Fürst mit einer Gesellschaft unter großen Tüchern den Strand entlang und soll nach zwei Stunden voll des Lobes gewesen sein – die ersten Strandsegler waren in Europa angekommen.

Rund 400 Jahre ist das her, und im Laufe der Jahrhunderte tauchten an den Stränden der Niederlande, Belgiens und Frankreichs immer mehr enthusiastische Strandsegler auf. Irgendwann schwappte die Begeisterung auch nach Deutschland – erste Freizeitsegler auf drei Rädern wurden Anfang der 50er Jahre in St. Peter-Ording gesichtet. In den 1920er Jahren soll dort bereits ein Kurarzt seine Patienten mit einem hölzernen „Dienstwagen“ unter Segeln besucht haben.

Standen der Transport von Waren und Menschen anfangs im Vordergrund, so entwickelte sich im 20. Jahrhundert beim Strandsegeln eine Freizeit-, Vereins- und Wettkampfszene mit allem, was dazu gehört.

Erster Verein und Gründung eines internationalen Verbands

Kilometerlange, harte Sandstrände an der windreichen Nordseeküste – es verwundert nicht, dass der erste organisierte Verein für Strandsegler 1961 in den Gemeinden St. Peter und Ording gegründet worden ist. Im Jahr darauf wurde unter Mitwirkung des Yachtclub Sankt Peter-Ording (www.ycspo.de) auch die Internationale Föderation der Land- und Strandsegler (FISLY, www.fisly.org), ins Leben gerufen. Ihr gehören heute 21 Länder an.

Übrigens: Die erste Europameisterschaft gewann YCSPO-Gründungsmitglied Helmut Spielmann auf einem Segelwagen, der u.a. auf der Basis des damals bekannten Kleintransporters Goliath von Borgward gebaut worden war.

Wettkampfszene heute

Vor St. Peter-Ording. Foto: Marc Duminy
Vor St. Peter-Ording. Foto: Marc Duminy

„Wer ist der oder die Schnellste?“ Wo diese Frage gestellt wird, da verändert sich das technische Material schnell. So auch bei den Strandseglern. Kunststoffe und Kohlefaser machten die Rennwagen mit Segeln im Laufe der Jahre leichter, die Masten wurden länger, die Segel bekamen neue Schnitte und Nähte, kurz: Die hoch professionell gestalteten und getesteten High-Tech-Boliden sind inzwischen in sieben verschiedenen Rennklassen unterwegs. In Frankreich ist das Strandsegeln sogar Schulsport und wird intensiv gefördert, entsprechend stark präsentieren sich die Französinnen und Franzosen am Ende bei Regatten auf internationaler Bühne.

Der Wettfahrtkalender der Aktiven weist zahlreiche kleine und große nationale und internationale Regatten in Deutschland aus, seit 2022 neben St. Peter-Ording auch auf Borkum. Die deutschen Strandseglerinnen und Strandsegler sind im Deutschen Segler-Verband organisiert, gehören dort zur Abteilung Spezielle Segeldisziplinen. Der DSV gibt auch die für das Strandsegeln empfohlenen Pilotenscheine aus. Schnupperkurse, Ausbildungen und Prüfungen können in den DSV-lizensierten Schulen in St. Peter-Ording („Nordsport Strandsegelschule“, www.strandsegeln-spo.de) sowie auf Borkum bei „World of Wind“ (www.worldofwind.de) gebucht bzw. abgelegt werden. Die Lizenzen sind in der Regel Voraussetzung, um einen Wagen leihen und eine empfohlene Haftpflichtversicherung für diese schnelle Segelsportart abschließen zu können.

Mehr Informationen zum Land- und Strandsegeln finden Sie auch auf der Internetseite des Yachtclub St. Peter Ording www.YCSPO.de und des Strandsegel- und Kitebuggyclub www.strandsegel-kitebuggyclub.de