Auf Tour mit dem Holzpiraten – Benjamin Frahm im Interview

Benjamin Frahm aus Ahrensburg bei Hamburg ist Preisträger des Fluss- und Seen-Preis 2021 der DSV Kreuzer-Abteilung. Der bei seiner Wandersegelreise von der Müritz über Elde und Elbe nach Hamburg 17-Jährige vom Hamburger Segel-Club hatte zu Coronazeiten einen alten Holzpiraten gekauft, ihn parallel zu seinen Abiturprüfungen restauriert und war fünf Tage nach der Zeugnisübergabe im Sommer 2021 mit seinem Piraten „Akula“ in die Segel-Auszeit gestartet. Benjamin Frahm, der heute dual Informatik studiert, spricht im Interview über seine Entscheidung für diesen Törn, die Arbeiten am Boot und seinen Erfahrungen unterwegs.

Mit dem Piraten bei Wellengang unterwegs: Benjamin Frahm

Benjamin, warum hast du deinen Laser verkauft und einen alten Piraten gekauft?

Ich bin über meinen Vater zum Segeln gekommen, als Familie waren wir einige Male als Fahrtensegler auf der Ostsee unterwegs, und irgendwann hatte ich einen Laser. Mit dem bin ich auf der Alster beim Hamburger Segel-Club auch Regatten gesegelt, doch das war nie so meins. Ich war allerdings auch nicht besonders erfolgreich…Mich hat das Wandern unter Segeln schon immer fasziniert. Aber mit einem Laser?? Nein…

Also musste ein eigenes Fahrtensegelboot her?

Ich wollte schon unabhängig von meinem Vater segeln können. Und dann kam Corona, wir alle waren zu Hause angebunden. Auf den Vorschlag meiner Mutter habe ich schließlich über Ebay-Kleinanzeigen in Rostock diesen alten Holz-Piraten Baujahr ´57 entdeckt – wenn er keinen Käufer gefunden hätte, wäre er verbrannt worden. 420 Euro hat das Boot gekostet, insgesamt habe ich am Ende zirka 1.500 Euro investiert, um „Akula“ wieder richtig fit zu machen.

Hattest du Erfahrung mit Holzarbeiten?

Nein, kaum. Aber ich habe mir Unterstützung gesucht, auch im HSC gibt es Leute mit Piraten-Erfahrung. Ich habe eine lange Inventurliste erstellt und dann ging’s los. Lack runter, abschleifen, neu lackieren, hier und da einiges flicken, Beschläge erneuern. Die größte Herausforderung war der Heckspiegel, den musste ich komplett erneuern.

Zu deiner Reise: Der Pirat ist ja nicht so besonders groß – welches Equipment hattest du dabei?

Segeln, Schlafen, Essen, Trinken – Leben im Cockpit des Piraten „Akula“

Eintöpfe, Wasser, Tomatensoße, ein Brennspirituskocher, das alles passte unter die Bodenbretter. Vorne im Bug hatte ich für Notfälle ein Zelt, doch ich konnte immer im Cockpit auf einer Isomatte schlafen, gegen Nässe von oben schützte mich eine Persenning über dem Baum. Bei Regen musste ich alle zwei Stunden nachts das Wasser abschütten, aber es gibt Schlimmeres. Landanker, normale Anker und ein Handy hatte ich natürlich auch dabei. Aber keinen Motor. Den habe ich auch nicht wirklich vermisst.

Nach vier Wochen auf der Mecklenburgischen Seenplatte ging’s dann Richtung Hamburg…

Ja, das war dann doch ein wenig eintönig, nach zwei, drei Stunden unter Segeln stößt du dort immer auf Land. Nachdem ich endlich in einem Kartenladen eine vernünftige Seekarte von der Elbe mit Tonnen, Untiefen und Strömungen gefunden hatte, ging es von Malchow in die Müritz-Elde-Wasserstraße und bei Dömitz schließlich in die Elbe, über Hitzacker, Alt-Garge nach Geesthacht. Das war auch meine längste Strecke an einem Tag: sieben bis acht Stunden die Elbe hochkreuzen, mit drei bis vier Knoten Strömung im Rücken, 55 Kilometer hatte ich auf der Uhr. Insgesamt war ich 39 Tage unterwegs und habe ungefähr 722 Kilometer zurückgelegt.

Und dann, nach dem Erlebnis Schiffshebewerk in Geesthacht, kam der Hamburger Hafen. Dort ist ein Pirat dann plötzlich ganz schön klein oder?

Ja, ehrlicherweise war mir ab den Elbbrücken schon ein wenig mulmig zumute. Im Hafen war viel Schiffsverkehr, große Pötte und viele Barkassen, viel Welle und der Windeinfall durch die vielen Häuser, unter anderem ja auch die Elbphilharmonie, war schwer berechenbar.

Ein Erlebnis, dass du nicht noch einmal haben musst?

Es war eine echte Herausforderung. Aber definitiv nicht noch einmal erleben möchte ich diese eine Situation auf dem Kanal von Kölpin in den Fleesensee. Dort ist das Segeln nicht erlaubt, ich musste paddeln, hatte Wind von vorn, und jede Welle hat Stillstand mit sich gebracht. Mein Fuß blutete, weil ich mich leicht verletzt hatte, und ich habe in 30 Minuten nur knapp 500 Meter geschafft. Objektiv betrachtet war das nicht wirklich schlimm, aber meine Stimmung war auf einem absoluten Tiefpunkt. Da wäre ein Motor vielleicht ausnahmsweise mal sinnvoll gewesen.

Und welches Erlebnis auf dieser Wandersegeltour macht süchtig nach Wiederholung?

Diese Ruhe früh morgens auf dem Wasser. Wenn noch kein Mensch unterwegs ist. Niemand redet, kein Motor dröhnt. Das Wasser ist spiegelglatt, es weht eine leichte Brise, und du hörst nur das leise Gluckern und Gurgeln am Rumpf.  Überhaupt hat es mich nie gestört, dass ich allein unterwegs war: Ich war nur für mich selbst verantwortlich – eine tolle Erfahrung. Das war definitiv nicht meine letzte Tour als Wandersegler!

Benjamin, wir danke für das Gespräch.

Hier geht es zu den Preisträgerinnen und Preisträgern des Fahrtenwettbewerbs 2021