125 Jahre Freie Vereinigung der Tourensegler – wo Freizeit- und Regattasegeln sich bestens ergänzen

Seit 125 Jahren gibt es die „Freie Vereinigung der Tourensegler Grünau“. An der Dahme in Grünau gegründet, liegt der Verein heute auf einem Waldgrundstück in Berlin-Schmöckwitz am Langen See. Gestartet ist die TSG 1898 als Arbeiterverein, heute segeln Menschen aus allen Alters- und Berufsgruppen in der TSG 1898 miteinander. Dieses besondere Jubiläum feierten die Berlinerinnen und Berliner im Spätsommer 2023 unter anderem mit einem Bootskorso zu Wasser: Der historische Motorschlepper „Volldampf“ führte dabei die Kette der zahllosen, geschmückten Segelboote an. Der Deutsche Segler-Verband gratuliert allen TSG-Mitgliedern von ganzem Herzen.

Blick auf einen der vier Stege der TSG 1898. Foto; TSG 1898

18 Segler, neun Sportboote und ein Ziel – wie an der Regattastraße alles begann …

Es war der 1. Oktober 1898, als in der Stube von Gastwirt Matschuk die „Freie Vereinigung der Tourensegler Grünau“ als Segelverein gegründet wurde. Man hatte sich zusammengeschlossen, um zwei Dinge unter einen Hut zu bringen: das Segeln mit der Familie und das Segeln um die Wette. Folgerichtig gehörten die Tourensegler aus Grünau zu den Gründungsmitgliedern des 1901 gegründeten „Berliner Wettsegelverbands“ und brachten 1911 mit zwei weiteren Vereinen bereits 71 Boote bei einer Regatta an die Startlinie.

Erste Heimat war ein Steg beim Bootsbauer Matschuk, dem Bruder des oben erwähnten Gastwirts, an der Wendischen Spree (heute die Dahme), der Verein wuchs schnell bereits 1903 erfolgte der Umzug in das benachbarte Bootshaus Nissel, ein Pachtgrundstück mit ausrangiertem Eisenbahnwaggon, Ausschank und Lauben in Grünau. Umzug Nummer drei führte die Vereinsmitglieder – inzwischen mehr als 70 – in eine ehemalige Gänsemästerei nach Wendenschloß. 1923 dann der letzte Umzug auf das heutige Vereinsgelände in Berlin-Schmöckwitz, ein Waldgrundstück am Langen See. Mit viel handwerklichem Einsatz, aber auch hohen finanziellen Investitionen wurden nach und nach Stege, Slipanlage, Bootsschuppen und Clubhaus errichtet. „Der erste Fahnenmast soll ungefähr dort gestanden haben“, zitiert der Vereinsvorsitzende Andreas Klatte die Chronik, „wo heute die Buddelkiste unserer Kinder steht.“

Das Clubhaus 1928. Foto: TSG 1898

…und wie es weiterging: fünf Generationen, viermal gesellschaftlicher Wandel, vier Umzüge

Als Arbeiterverein sträubte man sich bei den Tourenseglern lange gegen die Eingriffe der Nationalsozialisten in das Clubleben. Der Zusatz „Freie Vereinigung“ verschwand aus dem Namen, erst 1940 wurde die von der NSDAP vorgeschriebene Satzung in Grünau angenommen. Viele TSGler mussten in den Krieg, die Frauen sprangen ein und übernahmen Aufgaben im Vorstand, auf der Regattabahn und beim Fahrtensegeln. 1943 wurden sie erstmalig als „außerordentliche Mitglieder“ aufgenommen. Die erste Nachkriegswettfahrt der Schmöckwitzer (Segel-)Gruppen richtete die TSG am 22. September 1946 aus, viele weitere folgten. Im Osten Deutschlands wurden die Sportvereine nach dem Krieg in der Regel Betrieben zugeordnet. Die Tourensegler bewahrten sich aber ihre Selbständigkeit, schlossen sich mit anderen Vereinen zur SG Grünau zusammen. Seit der Wende gibt es sie wieder, die „Freie Vereinigung der Tourensegler Grünau 1898 e.V“.

„Die inzwischen fünf Generationen TSG-Mitglieder haben über die Jahrzehnte viel erlebt und durchgemacht“, fasst der Vereinsvorsitzende zusammen. „Viermal Umzug, viermal grundlegender gesellschaftlicher Wandel, drei Währungsreformen – und trotzdem gibt es unsere Gemeinschaft heute noch“.

Die Tourensegler Grünau heute: Fahrtensegeln, Wettsegeln und eine intensive Jugendarbeit

Ja, es gibt sie, die große Gemeinschaft der Tourensegelnden in der TSG 1898. Dänemark, Kapverden, Sizilien und Malta – in vielen Ecken der Welt trifft man „unsere Fahrtensegelrinnen und -segler“, sagt Sportwart Volker Mieß.

Und doch steht im Fokus der Vereinigung auch heute noch das Wettsegeln. Bei der sportlichen Vergangenheit kein Wunder: Mehr als 160 Medaillen bei Deutschen und internationalen Meisterschaften weist die Statistik nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Beispiel gefällig? Da ist Ralf Jambor (FD), dessen Vater Edgar Jambor schon erfolgreicher Segler war und viele Jahre engagiert als Trainer für die TSG1898 arbeitete, und es gibt den Sohn Max, der auch als Segler unterwegs ist. Dann ist da die Familie Wahrendorf: Vater Alfred und seine Söhne Knut, Uwe und Olaf sowie Enkelin Simone. Knut Wahrendorf, die O-Jollen-Ikone der TSG, ist auch im Alter von 81 Jahren noch auf dem Wasser segelnd unterwegs. Und nicht zu vergessen Heinz Urban (15er Jollenkreuzer) und Harald Schaale (20er Jollenkreuzer) … um nur einige Namen zu nennen.

Der Tradition verbunden veranstaltet die TSG1898 selbst große Wettfahrten, unter anderem auch die älteste Berliner Nachkriegsregatta, den „Geldner Preis“ der O-Jollen. Besonders hervorzuheben ist die seit 1999 stattfindende inoffizielle Ost-Berliner-Vereinsmeisterschaft. „Egal, ob Jolle, Jollenkreuzer oder Kielboot: Der „Wernecke-TSG-Cup“ ist offen für alle Klassen“, sagt der Sportwart, „und lockt immer wieder viele, viele Seglerinnen und Segler zu uns.“

Das Regattafeld beim „Wernecke TSG-Cup“ 2023 – die inoffizielle Ost-Berliner-Vereinsmeisterschaft, offen für alle Klassen – richtet die TSG seit 1999 aus. Foto: TSV 1898

Bei der TSG 1898 weiß man aber auch: Zum erfolgreichen Regattasegeln gehört eine gute Kinder- und Jugendarbeit. „Deshalb wird die Nachwuchsarbeit bei uns großgeschrieben“, sagt Volker Mieß. Reinschnuppern, Spaß haben, neue Leute kennenlernen, trainieren, im Opti, Laser und 420 er, auf dem Langen See mit seinen böigen Winden und auf der Ostsee, im kabbeligen Wasser vor Ueckermünde – wer will, kann „bei uns viel lernen und sich auch bei Regatten ausprobieren“. Nicht umsonst ist der Verein vom Landesportbund Berlin bereits ausgezeichnet worden mit dem Label „Coolste Jugendarbeit“.

Bodenständig und weltoffen zugleich – auch deshalb ist die TSG ein attraktiver Verein

Es ist diese ganz besondere Mischung aus Pragmatismus und Erfindergeist, aus Bodenständigkeit und Weltoffenheit, aus Alt und Jung, aus Einsteigern und Erfahrenen, aus freizeit- und regatta-orientierten Frauen und Männern, Jugendlichen und Kindern. „Denn am Ende“, sagt Andreas Klatte, „geht es immer ums eins: die Liebe zum Wasser, zum Wind und zum Segeln“.

Das ist die Freie Vereinigung der Tourensegler Grünau 1898

Der Verein liegt im Südosten von Berlin, genauer gesagt in Schmöckwitz. Ein vereinseigenes Clubhaus mit Gastronomie für die Mitglieder und herrlichem Blick von der Terrasse auf den See, ein Saal für Festivitäten, Versammlungen und Schulungen, ein moderner Hafen mit vier Stegen, an denen über 100 Boote Platz haben, Krananlage, Winde und ein Bootshaus für Arbeiten und Winterlager stehen dort zur Verfügung. Zum Revier gehören der Lange See und Seddinsee, über den Wasserweg erreichbar sind auch die Seen von Berlin/Brandenburg, die Mecklenburgische Seenplatte sowie über Elbe und Oder auch die Nord- und Ostsee.

250 Mitglieder, davon ca. 50 Jugendliche und Kinder, Adresse: Jagen 37, 12527 Berlin-Schmöckwitz; E-Mail: info@tsg1898-segeln.de; Tel. 030 6757139; www.tsg1898-segeln.de