Zwei verschiedene Boote, Teams und Zeitpläne, aber ein identisches Ziel – so könnte man das Vorhaben der IMOCA 60-Teams „Malizia“ und „Offshore Team Germany“ kurz zusammenfassen. Der DSV ist ideeller Partner beider „The Ocean Race“-Aspiranten.
20 Jahre nach dem Sieg der „Illbruck“ beim Volvo Ocean Race 2001/02 sollen beim nächsten Weltrennen, das im Herbst 2021 startet, wieder Segler unter deutscher Flagge an den Start gehen.
Doch die Wege zum selben Ziel sind verschieden. Das Team „Malizia“ um den deutschen Segelprofi Boris Herrmann ist in der internationalen Imoca 60 Klasse bereits gut eingeführt. Dagegen betreten die Akteure des Offshore Team Germany mit ihrer Yacht „Einstein“ noch Neuland. Die foilende Rennyacht „Malizia“ gehört dem deutschen Unternehmer Gerhard Senft und ist im Schiffsregister Hamburg eingetragen, wird aber vom Yacht Club Monaco und der monegassischen Regierung finanziell unterstützt. Die „Einstein“ (die ehemalige Vendée Globe Yacht „Acciona“) wurde von den Initiatoren des Offshore Team Germany Jens Kuphal und Michael End gekauft und mehrere Monate in Portugal und England von Grund auf überarbeitet, um wettbewerbsfähig und für das Weltrennen ausgerüstet zu sein. Unter dem Claim #madeingermany wird die Kampagne von Berlin aus gesteuert.
Und während das Offshore Team Germany mit der „Einstein“ als großes Ziel die Teilnahme am ‚The Ocean Race‘ verfolgt, wird Boris Herrmann mit der „Malizia“ erst einmal an der Vendée Globe teilnehmen. Der 37-jährige gebürtige Oldenburger wird damit auch der erste Deutsche sein, der an dem Solo-Rennen um die Welt, das vor allem von französischen und britischen Seglern dominiert wird, teilnimmt.
Dagegen setzt das Offshore Team Germany von Anfang an schwerpunktmäßig auf den Crewgedanken des ‚The Ocean Race‘ mit einer Mixed-Crew aus fünf Seglerinnen und Seglern und einem On-Board-Reporter beziehungsweise einer On-Board-Reporterin. Bereits beim diesjährigen Rolex Fastnet Race trat die Crew der „Einstein“ mit einer internationalen, fünfköpfigen Mixed-Crew um OTG-Skipper Robert Stanjek und Conrad Coleman als Navigator an. Teammanager Jens Kuphal war als sechster Mann in der Rolle des On-Board-Reporters beim Rennen durch die Irische See dabei.
„Es war ein sehr erfolgreicher Test. Ich bin wirklich sehr zufrieden. Mit der Performance des Bootes und der des gesamten Teams“, sagte Jens Kuphal nach dem Rennen, bei dem die Yacht als 16. von 390 gestarteten Yachtenüber die Ziellinie ging. „Wir wollten ein Gefühl für das neue Ocean-Race-Setup mit einer Fünf-Personen-Crew bekommen.“ Und Skipper Robert Stanjek ergänzte: „Es ist sehr intensiv, denn fünf Mann sind kein großes Team. Wir haben es gut gemacht, das Boot hat gezeigt, dass es Potenzial hat.“
Boris Herrmann nahm an dem Rennen zusammen mit dem britischen Nachwuchssegler Will Harris teil und kam im Imoca-Klassement auf den 8. Rang. Die nächste sportliche Herausforderung für ihn ist Ende Oktober die Teilnahme an der Doublehanded-Regatta Transat Jaques Vabre vom französischen Le Havre ins brasilianische Salvador de Bahia.
Erfolgreicher „Taxi-Dienst für Greta“
Doch nicht der Erfolg auf der Regattabahn ist es, der dem 37-jährigen Segelprofi in den vergangenen Wochen maximale weltweite Aufmerksamkeit bescherte, sondern ein Segeltörn ganz besonderer Art. Boris Herrmann segelte zusammen mit Pierre Casiraghi, Gründer der „Malizia“ Kampagne, und der Umweltaktivistin Greta Thunberg von Plymouth nach New York. Dabei wurde während der 14-tägigen Reise kein Treibstoff verbraucht, der Dieseltank des Hochseerenners war verplombt.
Für Skipper Boris Herrmann war die gemeinsame Reise mit Greta Thunberg, die zusammen mit ihrem Vater Svante Thunberg und dem Dokumentarfilmer Nathan Grossman an Bord war, mehr als ein gelungener PR-Coup. „Über den Nordatlantik zu segeln ist immer eine anspruchsvolle Strecke. Wir wussten aber, dass das Schiff den Bedingungen hervorragend gewachsen ist“, sagt Boris Herrmann rückblickend. „Erstaunlich für uns war, dass Greta kein bisschen seekrank wurde, sondern die Reise genossen hat, auch wenn das Boot hart in die Welle stampfte und uns anderen ein wenig mulmig wurde.“
Während Greta Thunberg in den USA ihren Kampf gegen die Erderwärmung fortsetzt, wird Boris Herrmann sich ab September zusammen mit Will Harris auf das nächste Transatlantikrennen vorbereiten. „Unser Taxi-Dienst für Greta über den Atlantik ist absolut positiv verlaufen, Greta hat für ihr Anliegen, das vom gesamten Team Malizia unterstützt wird, sehr viel Aufmerksamkeit bekommen und mit der Reise auf einem wenig komfortablen, aber sehr schnellen Schiff die Ernsthaftigkeit ihrer Absicht noch einmal unterstrichen“, erklärt er. „Auch wir im Team Malizia versuchen, auf jeden vermeidbaren Flug zu verzichten.“
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Startlinie des ‚The Ocean Race‘ ist für das Offshore Team Germany die Teilnahme am Auftakttreffen der registrierten Teams durch die Rennorganisatoren in Alicante am 10. und 11. September, bei dem unter anderem auch die Streckenführung des Weltrennens besprochen werden soll. „Danach werden wir unseren Fahrplan für die kommenden zwei Jahre bekannt geben und die Vorbereitungen für das Rennen weiter vorantreiben“, sagt Teammanager Jens Kuphal. „Vor allem können wir uns dann endlich an Entwicklung der Foils machen, die für die Route des Rennens optimiert und dann gebaut werden.“