Deutsch-französischer Jugendaustausch 2022: Mehr als ein Trainingslager

Der deutsch-französische Jugendaustausch, bei dem junge Seglerinnen und Segler in den Sommerferien erst in Frankreich und dann in Deutschland zusammen trainieren, hat über die vielen Jahrzehnte nichts von seiner Attraktivität verloren. Der Austausch ist eine gelungene Mischung aus Training, Jugendfreizeit und gelebter Völkerverständigung.

Die jungen ILCA 4-Seglerinnen und -segler im französischen Thonon-les-Bains. Foto: Leonie Mandel
Die jungen ILCA 4-Seglerinnen und -segler im französischen Thonon-les-Bains. Foto: Leonie Mandel

Der Austausch für die Nachwuchssegler im ILCA 4 fand dieses Jahr im französischen Thonon-les-Bains an der Südseite des Genfer Sees statt. Der Ort des Sportleraustausches richtet sich immer nach dem Austragungsort für die nationalen Meisterschaften der Klasse, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt im Anschluss an das Trainingslager an der Regatta teilnehmen können.

„Die Ticketvergabe für den Austausch erfolgt über Leistung.  Die zehn deutschen ILCA 4-Seglerinnen und Segler werden in Reihenfolge der aktuellen Rangliste der ILCA 4-Klassenvereinigung ausgewählt, die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Opti-Klasse werden in der Reihenfolge der EM-/WM-Qualifikation ausgewählt, wobei die EM-/WM-Qualifikanten nicht berücksichtigt werden“,  erklärt Kim Leonie Hinz von der Jugendabteilung des DSV. „Oft ist es aber so, dass einige der Qualifizierten mit ihren Familien schon andere Sommerferienpläne haben und dann andere nachrücken können.“

Zum ersten Mal dabei war der 15-jährige Jonathan Rieck vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) in Hamburg. Nach Jahren im Opti stieg er in der letzten Saison in den ILCA 4 um und konnte sich auf Anhieb so weit oben in der Rangliste positionieren, dass er eine der begehrten Einladungen für den Jugendaustausch bekam.

„Das Trainingslager war ein toller Mix zwischen Ausflügen und Training auf dem Wasser“, erzählt Jonathan Rieck. „Wir waren wandern, haben eine Wasserfabrik besichtigt und sehr viel Spaß miteinander gehabt.“ Für besonders gute Laune bei allen Beteiligten sorgte die mit einem Pool ausgestattete Unterkunft in der Nähe des Genfer Sees. „Nach dem Segeln waren wir entweder alle im Pool oder im See baden“, erzählt er. „Da war es dann auch egal, ob wir uns auf Deutsch, Englisch oder Französisch verständigt haben.“

Die Sprachbarrieren wurden im Laufe der Tage immer geringer, und die Jugendlichen trauten sich die schon bald in der für sie fremden Sprache oder auf Englisch miteinander zu kommunizieren. „Ich lerne in der Schule als zweite Fremdsprache Spanisch, sodass ich mich auf Englisch verständigt habe“, sagt Jonathan Rieck. „Das ging sehr gut, auch die französischen Seglerinnen und Segler lernen in der Schule ein gutes Englisch.“

„Segeln ist so viel mehr als reiner Sport“

Beim gemeinsamen Raften spielte die Sprachbarriere schon lange keine Rolle mehr. Foto: Leonie Mandel
Beim gemeinsamen Raften spielte die Sprachbarriere schon lange keine Rolle mehr. Foto: Leonie Mandel

Max Walkenbach, Trainer aus Berlin-Brandenburg, war zum zweiten Mal nach 2019 bei dem Austausch dabei und schwärmt von dieser besonderen Ferienwoche. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die alle auf einem sehr hohen Leistungsniveau in ihrer Bootsklasse angekommen sind, erfahren in diesem Trainingslager noch einmal ganz andere Inhalte als in Wochen, die nur dem Sport untergeordnet sind“, sagt er. „Diese Wochen zeigen, dass Segeln noch so viel mehr ist als reiner Sport. Man spricht miteinander, man lernt sich kennen, man schnappt ein paar Wortfetzen auf und lernt, sich in einem fremden Land zurecht zu finden – mit Hilfe der Gastgeber. Das ist, auch wenn der Begriff ein wenig altmodisch klingt, echte Völkerverständigung.“

Ein besonderes Highlight sowohl für zehn französische Optimistenseglerinnen und -segler als auch zehn deutsche Optikinder war dieses Jahr das gemeinsame Trainingslager in Kiel im Vorfeld der GIDJM im August. Zusammen trainierten sie auf dem olympischen Revier von 1972, und nahmen dann alle an der Gemeinsamen Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft der Optimisten-Klasse teil. „Bei der Eröffnungsveranstaltung wurden neben den deutschen Vereinsstandern und Flaggen der Bundesländer auch französische Flaggen geschwenkt“, sagt Kim Leonie Hinz, die den Jugendaustausch für den DSV organisiert und begleitet. „Es ist schön, dass diese Art des Jugendaustausches und der Begegnung nach zwei Jahren Corona-Pause wieder möglich ist.“ Die letzte deutsch-französische Jugendbegegnung fand 2019 unmittelbar vor der IDJM der Optimisten auf dem Plauer See statt. Organisiert wird der Jugendaustausch vom DSV und dem französischen Segler-Verband Fédération Française de Voile.

„Welche Jugendbootsklassen für 2023 den Austausch anbieten, steht aktuell noch nicht fest“, sagt Kim Leonie Hinz. „Das entscheiden wir zusammen mit dem französischen Verband, wenn die Termine für die Meisterschaften feststehen. Ziel ist immer, die Trainingslager mit den anschließenden Meisterschaften mit den verschiedenen Sommerferienterminen zu vereinbaren.“