Wendekurs am Cospudener See: Segeln für alle – mit guter Planung und viel Spaß

Einige Boote mit weißen Segeln segeln auf einem See
Die vier Sonar-Boote der TURNING POINT Stiftung und die Varianta 18 eines Vereinsmitglieds des Cospudener Yacht Club Markkleeberg auf Kurs © Betty Pabst/TPS

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Drei Tage Wendekurs, drei Tage Begeisterung – beim Cospudener Yacht Club Markkleeberg (CYCM) bot die TURNING POINT Stiftung Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit körperlichen, psychischen, geistigen und sozialen Beeinträchtigungen die Chance, ins Segeln hinein zu schnuppern. Gleichzeitig sammelten die beteiligten DSV-Vereine viel Erfahrung zum Auf- und Ausbau eines inklusiven Segelangebots. Mit dem Wendekurs in Sachsen fiel auch der Startschuss zu einer intensiven Kooperation zwischen dem Deutschen Segler-Verband und der TURNING POINT Stiftung.

Bereits seit mehreren Jahren engagiert sich der DSV intensiv beim inklusiven Segeln und bietet seinen Vereinen beim Aufbau eines inklusiven Segelangebots Unterstützung auf allen Ebenen. „Und mit der TURNING POINT Stiftung haben wir den perfekten Partner an unserer Seite“, erklärt DSV-Präsidentin Mona Küppers. Die 2021 von dem engagierten Segler Heinz-Peter Schmidt gegründete Stiftung fördert Segelvereine und andere gemeinnützige Institutionen dabei, Menschen mit Benachteiligungen durch Segelsport einen nachhaltigen Wendepunkt in ihrem Leben zu ermöglichen.

Der DSV und die TURNING POINT Stiftung arbeiten gemeinsam daran, mehr Menschen mit Beeinträchtigungen das Segeln und damit mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Der Startschuss zu dieser engeren Zusammenarbeit fiel bei einem sogenannten Wendekurs der Stiftung am Cospudener See bei Leipzig. Wendekurse finden in ganz Deutschland statt und richten sich an Vereine, die bereits erste Erfahrungen mit dem inklusiven Segeln gesammelt haben und ihr Angebot ausbauen wollen. So wie die Initiative für inklusives Segeln am Cospudener See: Engagierte Mitglieder des Cospudener Yacht Club Markkleeberg, des Seglerverein Leipzig, des Leipziger Seesportclub sowie vereinsunabhängige Seglerinnen und Segler hatten sich zusammen geschlossen und bieten seitdem regelmäßig Segelsonntage zum Schnuppersegeln für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung an.

Erst die Theorie, dann die Praxis

„Die Zusammenarbeit mit den Vereinen beginnt bereits Monate vor dem eigentlichen Event“, sagt Betty Pabst von der TURNING POINT Stiftung. Welche Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung, welche Wohngruppen, Schulen oder Werkstätten gibt es im Umfeld? Zu welchen Inklusionsbeauftragten von Gemeinden, Städten oder Stadtsportbünden sollten die Vereine Kontakt aufnehmen? Diese und andere Planungsdetails erarbeiteten das Stiftungsteam und die Vereine in enger Abstimmung.

Der Wendekurs startet dann regelmäßig mit einem sogenannten Onboarding, bei dem sich Stiftung und Vereine zusammensetzen und Fragen rund um den Ausbau eines inklusiven Angebots klären. „Wir haben jede Menge ganz pragmatische Tipps bezüglich der Organisation erhalten“, sagt Andreas Ullrich von der Initiative für Inklusives Segeln und im CYCM zuständig für Inklusion. „Das Team der TURNING POINT Stiftung ist super erfahren, und wir sind sicher: Dort gibt es künftig Ansprechpartner für uns.“

Am Cospudener See stiegen rund 60 Kinder, Jugendliche und Erwachsene an drei Tagen in die vier Sonar-Boote der TURNING POINT Stiftung, zusätzliche hatte ein CYCM-Vereinsmitglied seine Varianta 18 zur Verfügung gestellt.

Auf einem Steg stehen Kinder Erwachsen mit Rettungswesten. Sie wollen in das Boot vor ihnen im Wasser steigen.
Inklusionstrainer Christian Bittner erklärt den Teilnehmenden das Sonar-Boot und hilft beim Einsteigen Sonar © Betty Pabst/TPS

„Allein am Samstag waren 20 junge Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen bei uns – und trotzdem lief alles ruhig ab“, erzählt Andreas Ullrich weiter. 20 Kinder und Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen hatten sich angemeldet: Jugendliche mit geistigem Handicap, ein beinahe blindes Mädchen, eine junge Frau mit körperlichen Einschränkungen reiste mit einem schweren E-Rolli an, der nicht aufs Boot konnte. Flexibilität, Erfahrung und Improvisation durch das Stiftungsteam bewältigte auch diese Herausforderung: Die Seglerin wurde in einem Tragetuch an Bord gehoben. „Wir vom Verein haben gesehen: Es gibt für vieles eine einfache und zugleich angenehme Lösung für die Segelnden. Nicht jeder Verein benötigt ein aufwändiges Personenhebegerät.“

Die Erfahrung an Bord gibt Selbstsicherheit und Mut

20 aufgeregte Teilnehmende (mit Begleitung), pro Boot zwei erfahrene und geschulte Segelnde und eine mehrköpfige Landcrew – ist da das Chaos nicht vorprogrammiert? „Nein, wir haben einen strukturierten Ablaufplan entwickelt, an dem sich die Vereine auch künftig orientieren können“, erklärt Betty Pabst, die für die Stiftung auch als Trainerin oft vor Ort ist.  

Der Plan geht auf: Alle wissen schnell, zu welchem Team sie gehören. Rot, gelb, grün und blau – nicht nur die Bugspitzen der Boote sind markiert, auch an den Rettungswesten von Crews und Segelnden wehen bunte Bänder. „Das gibt Sicherheit und zugleich ein Gefühl von Zugehörigkeit.“

Mit viel Ruhe, Besonnenheit und Teamwork ging es auf dem Wasser weiter. Unter Motor raus auf den See, bei drei bis vier Windstärken die Segel hochziehen und das Segel-Erlebnis beginnt: ausprobieren, eigene Erfahrungen sammeln, den Wind fühlen und Spaß haben.

„Es geht natürlich nicht nur um feste Strukturen“, sagt Betty Pabst weiter. „Wir gehen auf alle Bedürfnisse ganz individuell ein.“ Immer wieder tauchen unterwegs Unsicherheit, Angst oder Unmut auf. Doch es gibt viele Möglichkeiten, mit diesen Gefühlen umzugehen: Segel reffen, damit das Boot nicht krängt oder den Teilnehmenden die Schot selbst in die Hand geben. „Die Erfahrung, selbst etwas regeln und den Druck in Eigenregie aus dem Segel nehmen zu können, gibt Selbstsicherheit und Mut.“

Und so überraschte es nicht, dass nach einer Mittagspause alle bei der zweiten Runde am Nachmittag „deutlich selbstbewusster und entspannter auf die Boote gingen“, schildert Andreas Ullrich seine Beobachtung.

Menschen sitzen an Bord eines Bootes genießen das Segeln bei Wind und Sonne
Auch DSV-Präsidentin Mona Küppers ging an Bord und unterstützte die Segelnden und das Trainerteam. © Betty Pabst/TPS

Auch DSV-Präsidentin Mona Küppers war in Sachsen vor Ort. „Hier zeigte sich beeindruckend das ganz Besondere am inklusiven Segeln: Niemand bleibt außen vor, beim Segeln sitzen alle in einem Boot und in einem Team – und alle bringen ihre individuellen Fähigkeiten ein“, sagt Mona Küppers. Das Mädchen mit der Seheinschränkung zum Beispiel ist beinahe blind, aber sie spürt jede noch so leichte Veränderung des Windes auf der Gesichtshaut und informiert ihre Crew darüber.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit der TURNING POINT Stiftung inklusive Segelangebote in noch mehr Vereinen aufbauen können“, blickt Mona Küppers nach vorn. „Damit werden wir Inklusion in unserer Gesellschaft zu mehr Selbstverständlichkeit verhelfen.“

Weiter segeln – ja, bitte

Für den DSV, die TURNING POINT Stiftung und die Initiative für inklusives Segeln ist besonders die Nachhaltigkeit ihrer Angebote wichtig. Wer nach dem Wendekurs weitermachen möchte, sollte dazu auch die Chance haben. Deshalb laufen am Cospudener See Planungen, künftig neben den Schnuppersonntagen wöchentlich ein Training anzubieten. Damit dieses Vorhaben umgesetzt werden kann, hat die TURNING POINT Stiftung leihweise ein Sonar-Boot im CYCM stationiert – zur freien Verfügung für Menschen mit und ohne Behinderung.

In diesem Jahr gibt es beim Cospudener Yacht Club Markkleeberg noch zwei Segelsonntage zum Schnuppern.  

Euer Verein sucht Unterstützung bei Fragen rund um das Inklusive Segeln? Meldet euch beim DSV und schaut euch die Angebote der TURNING POINT Stiftung an.