Herzlichen Glückwunsch, Clemens Kraus! Der 66-Jährige wurde für sein langjähriges Engagement in der Inklusion und sein soziales Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer überreichte die Auszeichnung am 28. Mai in der sächsischen Staatskanzlei in Dresden persönlich an den Mitbegründer des Vereins „Wir sind Wir – Inclusion in Sailing“.
„Damit rechnet man natürlich nicht“, sagte Clemens Kraus, der erst seit Anfang März von der Auszeichnung weiß. Kraus betont, er nehme das Bundesverdienstkreuz nur stellvertretend entgegen, „ich mache die Arbeit ja zusammen mit einem Team engagierter Menschen.“
Als Sechsjähriger stieg Clemens Kraus bei der Betriebssportgemeinschaft Motor Bautzen am Knappensee das erste Mal in den Opti und war sofort mit dem Segelvirus infiziert. Es folgte die klassische Seglerlaufbahn der DDR: Opti, Cadet, 420er, OK-Jolle, „ich bin viele Regatten gesegelt, Highlights waren die Ostseewoche und die DDR-Meisterschaften“.
Jugendliche mit Handicap einfach ins Boot geholt
Die Teilhabe von Menschen mit Handicap gehört für Clemens Kraus zum Segeln, „lange bevor es das Wort Inklusion überhaupt gab“. Seine Mutter leitete in Hoyerswerda eine Schule für Kinder und Jugendliche mit körperlichem Handicap. „Ich habe meine Mutter dort oft besucht. Einmal erzählte ich den anderen Jugendlichen, dass ich segle. Da wollten sie das gerne auch probieren, und so habe ich sie einfach mitgenommen.“ Trotz der körperlichen Beeinträchtigungen kamen die Jungs auf der Jolle mit etwas Hilfe hervorragend zurecht – ein Aha-Moment und der Beginn von Clemens Kraus` Engagement für echte Teilhabe.
Was als spontane Initiative begann, verstetigte sich über die Jahre zu einem Engagement im Verein: In seinem ehemaligen Heimatverein, dem 1. Wassersportverein Lausitzer Seenland, trieb Clemens Kraus das inklusive Segelangebot voran. Als aktiver Segler war er Sparringspartner für die Sonar-Crew um Siegmund Mainka, die eine paralympische Gold- und eine Silbermedaille gewann.
2012 gründete Kraus das Projekt „Wir sind Wir – Inclusion in Sailing“, aus dem 2022 der gleichnamige Verein wurde. 2022 markierte auch das Ende seiner eigenen Segelkarriere. „Beides ging nicht mehr, auch aus Rücksicht auf die Familie“ – und so entschied sich Clemens Kraus dafür, sich in seiner damaligen Position als 1. Vorsitzender ausschließlich dem Verein zu widmen.
„Clemens, das war das Geilste, was ich in meinem Leben gemacht habe.“
Seither ist Kraus in Sachen Inklusion fast immer auf Achse: Von seinem Wohnort Hoyerswerda aus nach Hamburg, wo die Mehrzahl der inklusiven Segelkurse seines Vereins stattfinden. Aber auch an die Ostsee, nach Rostock, wo „Wir sind Wir“ dieses Jahr erstmalig einen inklusiven Törn auf einer Volvo 60 anbietet.
„Über 180 Kindern im Jahr bringen wir das Segeln näher“, berichtet Kraus aus der Arbeit seines Vereins. Ein Fulltime-Job mit viel Zeit auf deutschen Autobahnen – „fragen Sie mal meine Frau, wie oft ich zu Hause bin.“ Doch dann sind da immer wieder diese Momente. Wie im vergangenen Jahr, als ein Mädchen mit einer krankheitsbedingt eingeschränkten Lebenserwartung ihn nach dem Segeln anstrahlte und sagte: „Clemens, das was das Geilste, was ich in meinem Leben gemacht habe.“ Oder die Rückmeldung von Therapeut*innen, die sagen: Seit die Kinder segeln, brauchen sie weniger Medikamente.
„Wenn wir nicht mehr über Inklusion reden müssen, habe ich mein Ziel erreicht“
Clemens Kraus könnte noch viel mehr Beispiele aufzählen, wie gut das Segeln Kindern mit geistigem oder körperlichem Handicap tut. Doch er macht lieber, als viel zu reden. Die Nachfrage nach den inklusiven Segelkursen ist groß, längst nicht alle Anfragen können aktuell bedient werden. Für Kraus bedeutet das: Netzwerken, Sponsoren finden, mögliche Kooperationspartner ausfindig machen und dann weitere Kurse auf die Beine stellen.
Das Ziel seiner Arbeit formuliert Clemens Kraus so: „Nicht mehr über Inklusion reden, sondern direkt mit den Menschen mit Handicap“. Und dann zusammen aufs Wasser gehen. Ganz selbstverständlich, so, wie er als Jugendlicher die anderen Jungs einfach mit an Bord genommen hat.