100 Jahre Segelclub Tümmler Oevelgönne – lebendige Gemeinschaft ohne Haus und Hof

Seit 100 Jahren gibt es an der Unterelbe diesen kleinen Verein mit einem besonderen Konzept: Gestartet als Segelclub für die „einfachen Leute“ hat der Verein bis heute kein eigenes Gelände und Clubhaus, eine lebhafte Diskussionskultur und intakte Segelgemeinschaft: Wer Unterstützung braucht, dem wird geholfen. Der Deutsche Segler-Verband gratuliert den Mitgliedern von Herzen. 

Der Segelclub Tümmler Oevelgönne feiert

Die "Tümmler" sind überall zu Hause- hier auf der Außenalster. Foto: Verein
Die “Tümmler” sind überall zu Hause- hier auf der Außenalster. Foto: Verein

Die Seglerinnen und Segler und inzwischen auch Motorbootfahrerinnen und -fahrer des Vereins von der Unterelbe starteten ihr großes Jubiläumsjahr mit einem festlichen Empfang im Hafenclub. Im April geht es dann auf die Oberelbe: Mit dem historischen Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ starten alle, die noch einmal so richtig feiern wollen, im Hamburger Hafen (Entenwerder) Richtung Lauenburg.

Wie alles in Oevelgönne an der Elbe begann …

Drei Arbeiter, ein Angestellter, ein Bootsbauer, ein Gastwirt und eine wassersportbegeisterte Frau – ihr Beruf ist nicht bekannt – saßen im Januar vor 100 Jahren zusammen und entschieden: Wir alle lieben das Segeln, sind aber zu arm, um in einem der bürgerlichen Segelclubs im Hamburger Raum aufgenommen zu werden…dann gründen wir eben einen eigenen Verein. Gesagt, getan: Am 26. Februar 1923 entstand der Segelclub Tümmler Oevelgönne, er ging aus dem Altonaer Turnverein, Abteilung Rudern und Paddeln, hervor. Von Beginn an hatte sich der SCTOe auf die Fahnen geschrieben, allen Menschen das Segeln zu ermöglichen – man verstand sich an der Elbe in Neumühlen als Arbeiter-Sportclub.  „Und dieser Tradition“, sagt die zweite Vorsitzende Kathrin Offen-Klöckner, „fühlen wir uns heute noch verbunden.“

… und wie es weiterging

Auch heute noch leben die Seglerinnen und Segler des SCTOe ihre Gemeinschaft „ohne Haus und ohne Hof“, wie die zweite Vorsitzende sagt. Der Verein hat kein vereinseigenes Clubgelände, kein Clubhaus und keine Marina, und doch gibt es ein großes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Früher lagen die Boote vieler Vereinsmitglieder an Muringbojen in der Elbe – wer segeln wollte, musste erst rudern. Das änderte sich mit der Gründung der Hamburger Yachthafen-Gemeinschaft e.V. in Wedel und der Jollenhafen-Gemeinschaft Mühlenberg in Hamburg-Nienstedten ab den Sechzigerjahren. Hamburger Vereine schlossen sich damals zusammen und bauten mit Hilfe der Stadt einen tideunabhängigen Hafen mit sicheren und erschwinglichen Liegeplätzen auch für Vereine, die nicht das Geld für ein eigenes Gelände aufbringen konnten. Und so überrascht es nicht, dass der SCTOe zu den Gründungmitgliedern dieser Gemeinschaften gehörte. Vereinsversammlungen fanden viele Jahre in den sogenannten Klubräumen der regen Hamburg-Ottensener Kneipenszene statt, heute treffen sich die Clubmitglieder für Sitzungen mal beim benachbarten Segelverein, mal im Tennisclub um die Ecke.

Touren segeln, Regatten segeln oder mit dem Tümmler die Alster erkunden – der SCTOe heute

„Bei uns geht es in erster Linie um eines: Wir wollen aufs Wasser“, erklärt Karsten Fach, erster Vorsitzender des SCTOe. Daran habe sich auch in 100 Jahren nichts geändert. Auf die knapp 100 Mitglieder zwischen 20 und 80 Jahren kommen rund 60 Boote, einige Motorboote inklusive. Im Mittelpunkt der SCTOe-Gemeinschaft steht das Tourensegeln, Tagestouren auf dem anspruchsvollen Elb-Revier mit viel Strom und oft kabbeliger Welle oder Richtung Nordsee und Ostsee, manchmal sogar in den Nordatlantik und die Karibik. Doch auch wer Regatten segeln möchte, findet bei den Tümmlern in Oevelgönne Trainings- und Wettkampfpartner. So freut sich der Club, dass 2022 auf dem Siegerboot der Deutschen Meisterschaft der X79-Klasse eine Segelkameradin vom SCTOe mit an Bord war.  Für all diejenigen, die kein eigenes Boot haben oder die die Alster im Herzen Hamburgs testen möchten, gibt es den vereinseigenen „Tümmler“: Der Schwertzugvogel kann nach Lust und Laune stunden- oder tageweise von Mitgliedern über eine Internetplattform kostengünstig gemietet werden.

„Bei uns geht es demokratisch zu“ – warum der SCTOe ein attraktiver Verein ist

„Wir haben uns die Diskussionskultur aus den Anfangsjahren und den zwanglosen, zugleich aber verbindlichen Umgang miteinander erhalten“, sagen der erste Vorsitzende und die zweite Vorsitzende unisono. „Bei uns geht es demokratisch zu!“ Da kann eine Versammlung mit hitzigen Debatten auch lange dauern – aber genau das mache das Vereinsleben so spannend. „Wir sind immer auf der Suche nach neuen Formaten, um den Club interessant für die Mitglieder zu erhalten.

Das ist der Segelclub Tümmler Oevelgönne

Die Heimat des Vereins liegt an der Unterelbe bei Hamburg. Seine Mitglieder haben ihre Boote überwiegend in der Hamburger Yachthafen-Gemeinschaft e.V. (Wedel) und der Jollenhafen-Gemeinschaft Mühlenberg e.V. in Hamburg-Nienstedten vertäut. Neue Mitglieder sind willkommen – Segelnde und auch Motorbootfahrende gleichermaßen. www.sctoe.de