100 Jahre Elb-Segler-Vereinigung – Kleiner Verein, große Namen

Grundehrlich und bodenständig ist die Elb-Segler-Vereinigung. Statt im Clubhaus an der Alster trifft man sich in einem kleinen Häuschen auf dem Vereinsgelände am Köhlfleet, gleich hinter dem Containerterminal und dem Dradenauhafen. Der DSV gratuliert diesem Ur-Hamburger Verein herzlich zum 100-jährigen Jubiläum.

Das große Vereinsgelände am Köhlfleet ist seit Jahrzehnten das Herzstück des Vereins. Hier stellen viele der rund 200 Mitglieder ihre Schiffe im Winterlager unter und puzzeln in den segelfreien Monaten an und unter Deck. Mit Gründung der Hamburger Yachthafengemeinschaft (HYG) Anfang der Sechzigerjahre in Wedel bildete sich ein zweites Standbein am großen Strom, von dem aus die Schiffe der ESV-Mitglieder elbaufwärts nach Cuxhaven und weiter über die Nordsee oder durch den Kanal auf die Ostsee segeln.

Wie alles begann

Es waren vor allem Hafenarbeiter und Angestellte, die 1923 die Elb-Segler-Vereinigung gründeten, um in ihrer Freizeit den großen Strom, seine Nebenarme und die kleinen Elbinseln zu erkunden. Die gravierenden gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen griffen auch in die Struktur der Elbsegler ein. 1933 schloss sich der Verein auf politischen Druck mit dem 1921 gegründeten Bille-Wassersport-Verein unter dem Stander des ESV zusammen, um der drohenden Schließung kleiner Vereine zu entgehen.

Beide Vereinsanlagen an Bille und Elbe wurden in den verheerenden Bombardements auf Hamburg 1943 zerstört. Bevor nach dem Krieg der Wiederaufbau beginnen konnten, mussten auf dem Gelände am Köhlfleet, das aufgrund seiner Nähe zum Hafen zum Angriffsziel der Alliierten gehörte, 16 Bombentrichter zugeschüttet werden.

In die Jahre des Wiederaufbaus fiel auch die Errichtung des ersten Vereinshauses 1951 und der Halle vier Jahre später. Das kleine Haus auf dem Vereinsgelände wird bis heute dauerhaft bewohnt, sodass für die Sicherheit der Hallen und der Boote immer gesorgt ist. Davon profitieren auch die Mitglieder des direkt benachbarten Segel-Club Oevelgönne, der die zweite große Halle auf dem Gelände am Köhlfleet betreibt. Ohne Ehrenamt und Gemeinschaftsleistung geht im ESV nichts, das Gelände wird in Eigenleistung in Schuss gehalten.

Kleiner Verein, große Namen

Die "Windspiel"-Crew in voller Regatta-Aktion. Foto: Vereinsarchiv
Die “Windspiel”-Crew in voller Regatta-Aktion. Foto: Vereinsarchiv

Mit Stolz wird im Verein noch immer der Name von Hein Garbers genannt. Bereits 1938 überquerte er einhand mit seiner „Windspiel III“ den Atlantik und segelte während der Kriegsjahre viele Male in „geheimer Mission“ zwischen Europa und Südamerika hin- und her. In der Nachkriegszeit, als der Verein beständig wuchs, nahm er mit seiner inzwischen vierten „Windspiel“ an zahlreichen Elb- und Nordseeregatten teil.

Zu den erfolgreichsten Regattaseglerinnen und -seglern des ESV gehören Jens Rüter (heute Jungblut), Crewmitglied der erfolgreichen Admiral’s Cup Yacht „Rubin“ von Hans-Otto Schümann.

Ein „Moin“ sagt mehr als viele Worte

Gemeinschaft leben - dafür ist im ESV auch der Shanty-Chor wichtig. Foto: ESV
Gemeinschaft leben – dafür ist im ESV auch der Shanty-Chor wichtig. Foto: ESV

Viele Vereinsmitglieder haben ein eigenes Schiff, das sie in der Saison mehr oder weniger aktiv nutzen. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei immer auf der Ausbildung der nächsten Generation von Seglerinnen und Seglern, die auf dem Köhlfleet im Optimisten oder RS Feva segeln lernen. Dabei ist der Verein auch für Kinder und Jugendliche der südlichen Elbseite attraktiv, rund zehn Nachwuchsseglerinnen und -segler sind immer auf dem Revier am Köhlfleet aktiv.

Das Revier vor der Haustür, der große Strom, hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur durch die Elbvertiefung und Fahrrinnenanpassung stark verändert. Die Fließgeschwindigkeit hat zugenommen, die Welle ist höher und kürzer geworden. Das Fahrtgebiet der Elbsegler hat sich dabei beständig erweitert, man trifft die Elbsegler nicht nur auf der Elbe, sondern vor allem auf der Ostsee und in der dänischen Südsee.

Über die Jahrzehnte hat sich in dem Verein eine grundehrliche Gemeinschaft herausgebildet, die sich gegenseitig hilft, Vereinsfeste und gesellige Abende organisiert, aber auch jedem seine eigenen Freiräume lässt. „Neue Mitglieder bekommen wir vor allem durchs Hörensagen“, sagt der erste Vorsitzende Mark Hendrik Dau. „Es spricht sich herum, dass hier eine nette Gemeinschaft zusammen ist.“

Ein Blick nach vorn

Der blau-gelbe Stander reist mit den Vereinsschiffen weit über die Elbe hinaus. Foto: ESV
Der blau-gelbe Stander reist mit den Vereinsschiffen weit über die Elbe hinaus. Foto: ESV

Das Jubiläum ist eine gute Gelegenheit, endlich wieder zu feiern und die Gemeinschaft nach den Jahren der Corona-Pandemie wieder zusammen zu führen. Wenn dann die Mitglieder von ihren Reisen und Regattateilnahmen erzählen, ist es wieder da, das Gemeinschaftsgefühl, das diesen Verein seit über 100 Jahren trägt. Nach wie vor wird alles ehrenamtlich organisiert, gefragt sind immer aktive Mithilfe und Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft, damit auch die nächste Generation „Elbsegler“ erfolgreich unter dem blau-gelben Stander des ESV in See stechen kann.

Das ist die Elb-Segler-Vereinigung

Der Verein hat sein kleines Clubhaus und die große Bootshalle am Köhlfleet in Sichtweite des Hamburger Containerhafens. Am Takelschlengel kann stundenweise festgemacht werden, es gibt aber keine Gastliegeplätze. Antwerpenstraße 15, 21129 Hamburg, Tel.  +49 163 4908361www.elb-segler-vereinigung.de/