Silber und Bronze für Deutschland bei den Youth Sailing World Championships 2022

Die 15-jährige Steuerfrau Amelie Wehrle und ihre 16-jährige Vorschoterin Amelie Rinn haben sich selbst überrascht und vor Scheveningen Silber im 420er gewonnen. Ole Schweckendiek im ILCA 6 gewann im schwierigen Tidenrevier Bronze. Dank einer starken Teamleistung belegte Deutschland in der Nationenwertung Platz fünf.  

Mit zwei Medaillen und fünf Top Ten-Platzierungen hat sich das deutsche Team bei den Youth Sailing World Championships so erfolgreich präsentiert wie lange nicht mehr und in der Nationenwertung den fünften Platz erreicht.

Eine Glanzvorstellung zeigten vor Den Haag die 420er-Seglerinnen Amelie Wehrle und Amelie Rinn. Das junge Team aus Süddeutschland führte das Feld der 420er-Frauen bis zum vorletzten Wettfahrttag an, ließ sich auch durch eine Black-Flag-Disqualifikation nicht aus der Ruhe bringen und sicherte sich auf dem letzten Vorwindgang des Finalrennens den zweiten Platz.

„Viel Respekt erarbeitet“

Jubel über Silber: Amelie Wehrle und Amelie Rinn. Foto: Sailing Energy

Silke Basedow aus dem Coach-Team des DSV zeigte sich voll des Lobes für die beiden Amelies: „Sie waren total mutig, immer dicht dran an der Startlinie – das muss man bei der WM auch sein, um vorne mitfahren zu können. Zudem sind sie rattenschnell gesegelt und taktisch klug dazu. Amelie und Amelie haben sich hier viel Respekt erarbeitet bei den anderen Seglerinnen!“

Ole Schweckendiek toppte seine erfolgreiche Saison 2022 mit Bronze im ILCA 6. Foto: Sailing Energy

Als frisch gekürter Europameister U19 war der Kieler Ole Schweckendiek nach Den Haag gereist und nahm diese positive Energie mit in die Rennen. Am Ende kostete den 17-Jährigen ein „Ausreißer“ in den Zwanzigern eine noch bessere Platzierung auf dem Podium – die drei führenden ILCA 6-Segler trennte nur ein einziger Punkt.

Jule Ernst und Louisa Schmidt hatten im 29er der Frauen vor dem Finaltag auf Bronzekurs gelegen, konnten ihre Platzierung in den Finalrennen jedoch nicht ganz behaupten und wurden Vierte. „Jule und Louisa sind heute zum Abschluss ein Top-Rennen gesegelt“, sagte Coach Jakob Janich, „dass es am Ende nicht ganz für Bronze gereicht hat, zeigt die hohe Leistungsdichte, die hier im 29er herrschte.“

Lust auf mehr – die jungen Teams denken schon ans nächste Jahr

Zu den jüngsten Teams im 29er der Männer zählten die Brüder Anton und Johann Sach. Die amtierenden Deutschen Meister machten mit sehr guten Einzelplatzierungen auf sich aufmerksam und wurden Gesamtsiebte. Die Regatta hat beim 14-jährigen Steuermann Anton und seinem 17-jährigen Vorschoter Johann Sach die Lust auf mehr geweckt: „Wir haben schon beim Reinfahren von der Regattabahn über die JWM 2023 gesprochen“, so Jakob Janich.

Jan Vöster im Formula Kite steigerte sich bei seiner zweiten JWM-Teilnahme um einen Platz und wurde Sechster. Bei den Kitern dominierte der amtierende Weltmeister Maximilian Maeder aus Singapur das Geschehen. „Ein Podiumsplatz wäre drin gewesen“, sagte Leon Delle, der das deutsche Team als Headcoach begleitete. „Mich hat beeindruckt, wie schnell Jan neue Erkenntnisse und Anregungen umgesetzt hat, die wir zwischen den Races am Strand besprochen haben. Heute hatte er einen leichten Materialnachteil, aber damit das beste herausgeholt. Dennoch eine sehr gute Leistung bei schwierigen Bedingungen.“

Den wohl anstrengendsten Job bei der WM absolvierte Windsurferin Sophia Meyer: Bedingt durch die sehr leichten Winde mussten die iQFOiLer teils mehrere Stunden auf dem Wasser warten, bevor ihre Rennen gestartet werden konnten. Einige Aktive wurden in der kabbeligen Nordseewelle sogar seekrank. Hinzu kam, dass der Weg zur Regattabahn gegen die Strömung teils mehr als zwei Stunden dauerte. Trotzdem gelang der Berlinerin bei diesem Kraftakt ein guter neunter Rang.

Sie hatte ein persönliches Ziel: den Gewinn der Jugendweltmeisterschaft. Doch diesen Traum konnte sich Amaya Escudero im ILCA 6 der Frauen nicht erfüllen. Die Neu-Kielerin, die erst im Mai von Atlanta nach Strande gezogen ist, kam an den leichtwindigen ersten Regattatagen nicht wie gewünscht in Fahrt. In den Einhand-Jollenklassen wurden insgesamt nur sieben Rennen gestartet, umso mehr schlug jedes Ergebnis jenseits der Top Ten negativ zu Buche. In einem starken Schlussspurt verbesserte sich Amaya dann doch noch auf einen versöhnlichen siebten Platz und hat mit ihren 17 Jahren auch 2023 noch einmal die Chance auf die JWM-Teilnahme.

Jesper Fleischer und Theo Gnass im 420er zeigten mit etlichen guten Einzelplatzierungen ihr Potenzial und wurden Gesamtvierzehnte.

Knifflige Bedingungen, guter Teamgeist

Die Bedingungen auf dem JWM-Revier verlangten höchste Konzentration. „Wir hatten hier bis zu 50 Meter Strom in der Minute, das ist echt viel“, berichtete Silke Basedow. Besonders am Start und an den Tonnen war Vorsicht geboten, um nicht zu früh über der Linie zu sein oder in einen Pulk zu geraten.

„Der Team- Spirit war super, das Miteinander klappte gut, und alle haben sich gegenseitig unterstützt“, berichtet Silke Basedow und nennt zwei Beispiele: „Ole und Amaya im ILCA haben sich fachlich viel ausgetauscht und geholfen. Und gestern Abend sind die 29er-Mädels mit den 420er-Mädels in die Stadt gefahren, um die beiden abzulenken von ihrer Nervosität.“

„Das beste Mannschaftsergebnis seit mehr als 12 Jahren“

Team Deutschland bei der JWM 2022. Foto: DSV
Team Deutschland bei der JWM 2022. Foto: DSV

Bundesstützpunktleiter Hendrik Ismar freute sich in Schilksee über das gute Abschneiden des deutschen Teams: „Mit fast ausschließlich Top-Ten-Platzierung haben wir ein sehr geschlossenes, gutes Mannschaftsergebnis. Das hatten wir in der Qualität schon lange nicht mehr. Im Nationen-Ranking liegt die deutsche Mannschaft auf Platz fünf, das beste Ergebnis seit mehr als zwölf Jahren und eine gute Steigerung der Plätze acht in 2019 und 2021.“ Diesen Mannschaftserfolg führt Ismar auch auf die sorgfältige Vorbereitung zurück: „Die Seglerinnen, Segler und Coaches sind bereits vier Tage vor dem Event angereist, konnten die Gegebenheiten kennenlernen, sich zurechtfinden und mental ruhig in die Wettfahrten gehen. Bei einer Jugend-Weltmeisterschaft sind viele Dinge anders als bei einer normalen Regatta, beginnend bei den gestellten Booten bis zu der Sondersituation, dass die Trainer alle gemeinsam auf einem großen Trainerboot pro Bahn sitzen, und das gewohnte 1:1-Coaching zwischen den Rennen nicht möglich ist.“

Eine wertvolle Basis für die deutschen Teilnehmenden und Trainer war zudem die Daten-Expertise des German Sailing Teams, um das Wetter und die Strömung im Tidenrevier vor Scheveningen gut einschätzen zu können. „Der Wissenstransfer hat gut funktioniert“, so Hendrik Ismar.

Die Youth Sailing World Championships sind der wichtigste internationale Wettkampf für Seglerinnen und Segler bis 19 Jahre in den vorolympischen Klassen und gelten als Schmiede für künftige Olympia-Hoffnungen. Zu den deutschen Teilnehmenden gehörten in der Vergangenheit unter anderem Moana Delle, Paul Kohlhoff, Nik Aaron Willim, Julia Büsselberg und Hannah Anderssohn und Svenja Weger. Erstmals 1971 ausgetragen, findet die Regatta jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Nur ein Team bzw. eine Einzelperson darf pro Nation und Klasse teilnehmen. Die Qualifikationsregeln für die JWM legt jede Nation selbst fest, beim DSV erfolgte die Nominierung 2022 anhand der Ergebnisse zweier festgelegter Regatten pro Bootsklasse.

Youth Sailing World Championships 2022 – Ergebnisse in Klassen mit deutscher Beteiligung

ILCA 6 Frauen

1. Eve McMAHON, Irland
2. Evie SAUNDERS, Australien
3. Roos WIND, Niederlande
7. Amaya Escudero, Kieler Yacht-Club

ILCA 6 Männer

1. Rocco WRIGHT, Irland
2.Sebastian KEMPE, Bermuda
3. Ole Schweckendiek, Kieler Yacht-Club

420er Frauen:

1. Maria PERELLO MORA/Marta CARDONA ALCANTARA, Spanien
2. Amelie Wehrle und Amelie Rinn, Jollen Segler Reichenau/Markelfinger Wassersport-Club
3. Camilla MICHELINI/Margherita BONIFACCIO, Italien

420er Männer/Mixed:

1. Freddie PARKIN/Asher BECK, USA
2. Roi LEVY/Ariel GAL, Israel
3. Ema SAMARZIJA/Leon SCHEIDL, Kroatien
14. Jesper Fleischer und Theo Gnass, Segelclub Rheingau

29er Frauen

1. Amparo STUPENENGO PEFAUR/Julia PANTIN, Argentinien
2. Lucie GOUT/Fleur BABIN, Frankreich
3. Manase ICHIHASHI/Rinko GOTO, Japan
4. Jule Ernst und Louisa Schmidt, Deutscher Touring Yacht Club

29er Männer

1. Maximo VIDELA/Tadeo FUNES de RIOJA, Argentinien
2. Santiago SESTO COSBY/Leo WILKINSON, Großbritannien
3. George LEE RUSH/Seb MENZIES, Neuseeland
7. Anton und Johann Sach, Lübecker Yacht-Club

iQFOiL Frauen:

1. Tamar STEINBERG, Israel
2. Merve VATAN, Türkei
3. Lina ERZEN, Slowenien
9. Sophia Meyer, Wind-Surfing-Verein Berlin

Formula Kite Männer:

1. Maximilian MAEDER, Singapur
2. Riccardo PIANOSI, Italien
3. Jakub JURKOWSKI, Polen
6. Jan Voester, Württembergischer Yacht-Club