Ein Abschied, ein Aufwärtstrend und am Montag der Anpfiff zur zweiten olympischen Skiff-Halbzeit

Rio de Janeiro, 14. August 2016. Für die deutsche Segel-Nationalmannschaft markierte die Halbzeit der olympischen Regatta in der Guanabara-Bucht den Abschied von einem großen Athleten, den Aufwärtstrend bei den 470er-Seglern und die Vorfreude auf die Startschüsse zur zweiten Halbzeit der Skiffsegler ab Montag.

Erreichte Platz sechs in Rio und verabschiedet sich von der Olympia-Bühne: Toni Wilhelm (Foto: sailing energy)

RS:X-Surfer Toni Wilhelm sagte dem olympischen Segelsport am Sonntag in Rio de Janeiro Tschüss. In seinem letzten Rennen holte der Schwarzwälder noch einmal alles aus seinem Körper heraus und erreichts die Ziellinie im Finale der zehn besten RS:X-Surfer der Welt als Fünfter. Der 33-Jährige verabschiedet sich als Olympia-Sechster von der Leistungssport-Bühne. Er hat in seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Karriere viel erreicht und viel für den deutschen Segelsport getan. Dass er ohne Medaille abtritt, findet er selbst „schade“, doch der Fairplayer und vorbildliche Athlet trat versöhnt zurück. „Ich hänge brutal an diesem Sport. Der Segelsport hat mir so viel in meinem Leben gegeben. Er ist mein Leben, meine Passion, bedeutet mir alles, und ich werde ihm in anderen Rollen bis an mein Lebensende treu bleiben“, sagte Wilhelm nach seiner letzten Wettfahrt, bei der auch die holländische Königsfamilie mit ihren Kindern auf dem Wasser zugeschaut und „ihrem“ Olympiasieger Dorian van Rijsselberge zugejubelt hatte. Auf die Frage nach den besten Momenten seiner Karriere sagte Wilhelm: „Alle drei Olympischen Spiele waren und sind mir wichtig.“ Sein Fazit fällt positiv aus: „Ich komme auch ohne Medaille aus. Ich muss mich mit einem vierten und einem sechsten Platz bei Olympia nicht verstecken. Dass ich hier noch einmal überzeugen konnte, haben viele nach meiner Verletzung nicht mehr geglaubt. Ich habe dieses letzte Rennen genossen. Sicher war auch ein wenig Wehmut mit von der Partie.“

Paul Kohlhoff und Carolina Werner beendeten ihre ersten Olympischen Spiele mit Platz 13 der Nacra17-Flotte (Foto: sailing energy)

Während Wilhelms-Abschiedsgala kämpfte die junge Nacra-17-Crew Paul Kohlhoff/Carolina Werner vor der Skyline Rio de Janeiros um den Einzug ins Finale der neuen olympischen Mixed-Katamaran-Disziplin. Mit Rang neun gelang zunächst ein gutes Ergebnis, doch die folgenden Ränge 14 und 18 reichten nicht zur Qualifikation für das Medaillenrennen der besten zehn Mannschaften. Als Dreizehnte verabschieden sich die Kieler als jüngste Mannschaft der Nacra-17-Flotte von ihrer Olympia-Premiere in Rio de Janeiro. „Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Vorschoterin Carolina Werner kurz nach den Rennen. Das Duo vom Kieler Yacht-Club hatte sich eine bessere Platzierung erhofft, fand aber in der mit Weltmeistern und olympiaerfahrenen Athleten gespickten Flotte noch nicht das richtige Rezept zum Durchbruch an die Spitze. Die gute Botschaft verkündete Carolina Werner jedoch gleich mit: „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen.“ Auch aufgrund dieser Perspektive war der KYC-Crew der Olympia-Start ermöglicht worden. Mit Rang zwei in der neunten von zwölf Wettfahrten hatten sie aufblitzen lassen können, was sie drauf haben. Doch Steuermann Paul Kohlhoff musste auch erkennen, „dass uns hier in einigen Situationen noch die Erfahrung gefehlt hat“. Die ist nun für einen weiteren Angriff in vier Jahren gesammelt.

Im Aufwind: Annika Bochmann und Marlene Steinherr im 470er (Foto: sailing energy)

Ein starkes Comeback gelang am Sonntag den 470er-Seglerinnen Annika Bochmann und Marlene Steinherr. Die Crew vom Verein Seglerhaus am Wannsee, die das Feld nach Kenterung und Mastbruch von hinten aufrollen muss, überzeugte mit den Rängen drei und sechs und rückte auf Platz 14 vor. Drei Wettfahrten vor dem Medaillen-Finale liegt das Duo nur elf Zähler hinter Platz zehn zurück und kann den Cut noch schaffen. „Das ist unser Ziel und darum werden wir kämpfen“, kündigte Marlene Steinherr an. Auch Ferdinand Gerz und Oliver Szymanski können die Top Ten noch erreichen. Der Münchner Steuermann vom Segler-Verein Wörthsee und sein Berliner Vorschoter vom Joersfelder Segel-Club hatten den Segeltag in der 470er-Flotte der Männer mit einem eindrucksvollen Start-Ziel-Sieg eröffnet. Es folgte mit Rang 24 jedoch ein entbehrliches Streichergebnis. Die Crew muss in den verbleibenden drei Wettfahrten bis zum Finale 20 Punkte auf Platz zehn aufholen, will sie noch im Medaillenrennen mitmischen.

Ferdinand Gerz und Oliver Szymanski kämpfen um den Einzug ins Medal Race der besten zehn Mannschaften im 470er (Foto: sailing energy)

Am Flamengo-Strand wurden am Sonntag schon die ersten Medaillengewinner geehrt. Nach den bereits feststehenden Gold- und Silbermedaillen für den Niederländer Dorian van Rijsselberge (Holland) und Nick Dempsey (Großbritannien) erkämpfte sich den Franzose Pierre Le Coq Bronze auf dem RS:X-Surfbrett. Bei den Frauen stand ein Sport-Thriller auf dem Programm: Gleich sechs Surferinnen waren mit Gold-Chancen ins Finale eingezogen. Die Französin Charline Picon surfte von der Chinesin Peina Chen und der Russin Stefaniya Elfutina zum Olympiasieg. Im Finn Dinghi konnte sich Sir Ben Ainslies Landsmann, olympischer Nachfolger und America’s-Cup-Taktiker Giles Scott vorzeitig Gold sichern.

Die Olympia-Regatta wird am Montag für die deutschen Segler mit Wettfahrten in den 470er-Disziplinen und in den Skiff-Klassen fortgesetzt. Im 49er liegen die Berliner Erik Heil und Thomas Plößel, die für den Norddeutschen Regatta Verein starten, zur Halbzeit auf Platz zwei. Victoria Jurczok und Anika Lorenz vom Verein Seglerhaus am Wannsee starten als Achte in die drei für Montag geplanten Rennen. Im Laser und im Laser Radial stehen die Medaillenrennen auf dem Programm.