Der Atlantik prüft das Sailing Team Germany: Toni Wilhelm glänzt mit einem Tagessieg, Cheftrainer Howlett setzt auf Kampfgeist und Entschlossenheit

Toni Wilhelm freut sich mit seinem Trainer nach dem Wettfahrtsieg (Foto: sailing energy)

Rio de Janeiro, 11. August 2016. Der vierte Regattatag bei den Olympischen Spielen hat die deutsche Segel-Nationalmannschaft vor schwere Prüfungen gestellt. RS:X-Surfer Toni Wilhelm hat sie am besten gemeistert. Der Top-Athlet vom Württembergischen Yacht-Club hatte den Tag mit einem spektakulären Rennsieg optimal eingeläutet. Wilhelm konnte sich im kriminal spannenden Zielgraden-Duell mit dem Briten Nick Dempsey durchsetzen und ballte nach dem Zieldurchgang die Faust vor Freude über den starken Auftritt. Auch in seinem zweiten Rennen des Tages surfte der Schwarzwälder dem Ziel mit der Spitzengruppe entgegen. Mit Rang sechs rückte er auf Platz fünf im Zwischenklassement vor und hatte die erhoffte Medaille wieder in Sichtweite.

In der insgesamt neunten Wettfahrt der Surfer aber konnte Wilhelm nicht ganz an die zuvor gezeigten herausragenden Leistungen anknüpfen und kam erst als Neunzehnter ins Ziel. Dennoch agiert der Olympia-Vierte von 2012 als Sechster in der RS:X-Flotte weiterhin auf Weltklasse-Niveau. Dem 33-Jährigen bleiben drei Wettfahrten am Freitag, um sich für das Medaillen-Finale am Sonntag bestmöglich zu positionieren. „Mich nervt, dass ich das letzte Rennen heute versaut habe“, räumte Wilhelm am Abend offen ein, „das waren blöde liegen gelassene Punkte. Aber in den drei Rennen am Freitag kann wieder alles passieren. Es ist nicht zu Ende, bevor es nicht zu Ende ist.“

Annika Bachmann und Marlene Steinherr (Foto: sailing energy)

Diese Haltung erwartet DSV-Cheftrainer David Howlett von seinem Team, nachdem es am Donnerstag vor allem die 470er-Teams unglücklich erwischt hatte. In starken Winden bis 26 Knoten und in Böen noch mehr sowie einer bis zu drei Meter hohen Welle auf der Außenbahn Niteroi kenterten die Berliner Seglerinnen Annika Bochmann und Marlene Steinherr in Wettfahrt vier. Dabei brach der Mast der Zweihand-Jolle. Für die Crew des Vereins Seglerhaus am Wannsee war es nach einem Trainings-Vorfall bereits der zweite Mastbruch. „Die Bedingungen waren heute sehr grenzwertig und es gab viele Kenterungen“, berichtete Marlene Steinherr im Olympia-Hafen Marina da Glória am Abend. Das Duo musste noch am Abend einen älteren Mast vermessen lassen, um am Freitag damit die Aufholjagd von Platz 19 aus zu starten.

Hatten mir einigen Problemen zu kämpfen: Ferdinand Gerz und Oliver Szymanski (Foto: sailing energy)

Auch Ferdinand Gerz und Oliver Szymanski hatten an diesem Tag kein Glück. Ein eingerissenes Ruder ließ den Münchner Steuermann mehrfach die Kontrolle über das Boot verlieren. Die deutschen 470er-Segler kenterten sogar zweimal und kamen in der Folge in den brutalen Segelbedingungen erst als 23. ins Ziel. Als Gesamt-Sechzehnte wollen der Mann vom Segler-Verein Wörthsee und sein Vorschoter vom Joersfelder Segel-Club am Freitag in den Rennen fünf und sechs aber mit inzwischen ersetztem Ruder wieder voll angreifen.

„Es ist jetzt enorm wichtig, dass wir den Kampfgeist beibehalten, der in unserem Team herrscht“, sagte DSV-Cheftrainer David Howlett, „heute war kein guter Tag für die 470er-Segler, aber die Bedingungen waren auch extrem. Das liegt vielleicht Crews besser, die in solchen Bedingungen zuhause sind. Morgen kann es hier in leichteren Winden schon wieder ganz anders aussehen. Bei Olympia geht es darum, bis zum Ende zu kämpfen und niemals aufzugeben. Das müssen und wollen wir als Team schaffen. Persönliche Entschlossenheit ist jetzt noch mehr denn je gefragt.“

Paul Kohlhoff und Carolina Werner im Nacra17 (Foto: sailing energy)

Die jungen Nacra-17-Segler Paul Kohlhoff und Carolina Werner zeigten in ihren vier Rennen am Donnerstag erneut starke Starts. Doch auch sie mussten eine Kenterung hinnehmen, weil sich der Trapezgurt des Steuermanns gleich zweimal ungewollt geöffnet hatte. Kohlhoff ärgerte sich darüber, schaute aber beim Blick auf die Ergebnisliste ausschließlich nach vorne. Die Mannschaft liegt nach sechs von zwölf Wettfahrten bis zum Medaillenrennen auf Platz 13. Coach David Howlett sagte: „Bei den Nacras ist gerade einmal die Hälfte der Rennen absolviert. Auch hier gilt: Es wird weiter gekämpft, denn die Serie ist noch lang.“

Am Freitag steigen erstmals auch die deutschen Skiff-Segler in die Olympia-Regatta ein. „Wir können es kaum erwarten und freuen uns sehr auf den Start“, sagte 49er-Steuermann Erik Heil. Der Berliner und sein Vorschoter Thomas Plößel , die für den Norddeutschen Regatta Verein starten, wollen an die starken Leistungen anknüpfen, die sie vor einem Jahr bei der olympischen Testregatta in der Gunanabara-Bucht zu Bronze getragen haben. Gleichzeitig starten Victoria Jurczok und Anika Lorenz im 49erFX in ihre Olympia-Premiere, die auch den ersten Auftritt der Skiff-Disziplin für Frauen bei Olympischen Spielen markiert.