100 Jahre Segelclub-Nordstern Spandau

„Der Club ist, was wir aus ihm machen“

Es ist alles da beim Segel-Club Nordstern Spandau, was Seglerinnen und Segler sich wünschen. Zwei Stege mit Platz für bis zu 75 Boote. Ein Clubhaus mit gemütlicher Terrasse und Blick aufs Wasser. Eine große Halle, in der Holzboote und Jollen liegen, in der gewerkelt, aber auch gefeiert wird. Und das Ganze liegt auf einem 11.000 Quadratmeter großen Waldgrundstück mit 25 Wochenendhäuschen, die an die Clubmitglieder verpachtet werden. Willkommen an der Oberhavel.

„Auf all das sind wir mächtig stolz“, sagt Andreas Steffenhagen, 1. SCN-Vorsitzender, „und doch gilt bei uns immer noch die Devise: Wir wollen den Segelsport mit bescheidenen Mitteln betreiben.“

Vom alten Strandbad auf die Rustwiesen

Ein Grundsatz, der seit der Gründung des SC-Nordstern Spandau dazu gehört zu dieser Segelgemeinschaft im Nordwesten von Berlin. Die Geschichte des Vereins beginnt am alten Strandbad, genauer gesagt an den Bootsstegen eines Lokals Wilhelmsruh – dort gründen einige Wassersportler 1920 den Wassersportverein Nordstern Spandau, aus dem zwei Jahre später der Segel-Club Nordstern hervorgeht. Knapp ein Jahrzehnt später ziehen die Segler um auf das heutige Gelände auf den Rustwiesen in Hakenfelde. Man fühlt sich als Teil der Arbeitersportbewegung und zum Freien Seglerverband hingezogen. Dessen Selbstverständnis verlangte, den Segelsport stets mit bescheidenen Mittel zu betreiben. Und so erwerben die Mitglieder, in erster Linie Handwerker und Arbeiter, einen Bootsschuppen der Deutschen Werke, den sie mit vereinten Kräften umsetzen und renovieren. Die Fertigstellung der Steganlagen wird schließlich mit einer „italienischen Nacht“ bei selbstgemachten Speisen ausgiebig gefeiert.

Doch die alten Zeiten waren nicht immer gute Zeiten. Der Zweite Weltkrieg erschwerte das Vereinsleben enorm. Einige Segler versenkten ihre Boote schließlich verzweifelt in der Havel, um sie so vor dem Zugriff der Alliierten zu sichern. Und in der Tat, es kam wie befürchtet: Die Alliierten beschlagnahmten Clubräume und Anlagen, der SCN wurde vorübergehend zur Segelgruppe Oberhavel 1.

Vom Lebensmittelpunkt zur geliebten Freizeitbeschäftigung

So richtig begann das Vereinsleben erst wieder 1948, als die Besatzungsmächte in ihren Sektoren die Gründung freier Sportvereine erlaubten. Der 19. September 1948 gilt seitdem als zweiter Geburtstag des SCN. Das eine oder andere versenkte Segelboot wurde aus der Havel gehoben und neu aufgebaut, und in den 50er und 60er Jahren entwickelte sich der SCN Spandau für viele Berliner schnell zu einer zweiten Heimat. „Damals war der Verein noch Lebensmittelpunkt“, sagt Andreas Steffenhagen, „nach der Arbeit fuhr man eben aufs Clubgelände.“ Gemeinsames Basteln und Werkeln, gemeinsames Feiern und natürlich gemeinsames Segeln. 20er Jollenkreuzer und Optis wurden gebaut, Regatten und Meisterschaften gesegelt.

Inzwischen hat sich das gesellschaftliche Freizeitangebot stark erweitert, und doch gilt heute wie einst: Die Seglerinnen und Segler vom SCN sind gerne in ihrem Club und wann immer es geht.

Segeln mit bescheidenen Mittel – auch heute noch

Zurück zu den Grundsätzen von einst. Segelsport mit bescheidenen Mitteln betreiben – wie geht das heute? Andreas Steffenhagen muss nicht lange überlegen. Da sind zum Beispiel die vielen Regatten, die der Club veranstaltet: Opti-B-Wettfahrten, der SeaCup North für Piraten und 420er, verschiedenste IDMs oder die Junioren-Europameisterschaft der Piraten vor einigen Jahren. „Das alles stemmen wir weitestgehend mit unseren eigenen Leuten.“

Da sind die Stege, im Prinzip ist es noch die Anlage von einst, an dem Boote mit einer maximalen Länge von 9,50 Meter und 1,70 Meter Tiefgang festmachen können. Das sei, so der 1. Vorsitzende, in anderen Revieren eher ein Beiboot. Beim SCN aber hat man entschieden: Alles bleibt, wie es ist.

Da sind die vielen Eigenleistungen, die heute wie früher verpflichtend sind. Rund 20 Stunden muss sich jedes Vereinsmitglied einbringen. Schleifen, lackieren, reparieren, technisch aufrüsten, egal, ob an Steganlagen oder Clubhaus, in der Bootshalle oder den Grünanlagen – jeder bringt das ein, was er kann. Und dazu gehört es eben auch, gemeinsam aufwendige Reparaturen an Booten durchzuführen: Zwei alte Varianta werden gerade komplett neu aufgebaut und als Oldtimer den Club künftig auf Regatten vertreten. Für die Jugendabteilung gab es drei zusätzliche Optimisten – gebrauchte, versteht sich, frisch überholt von Vereinsmitgliedern.

„Immer, wenn es eng wurde in der Vergangenheit, haben wir den Karren mit Bordmitteln aus dem Dreck gezogen“, so Andreas Steffenhagen. „Unser Club ist, was wir aus ihm machen.“ Und so soll es bleiben.