Abschied einer Ausnahmeseglerin

Mit 37 Jahren beendet Ulrike Schümann überraschend ihre olympische Segelkarriere. An der ersehnten Olympiamedaille segelte die Berlinerin vor zwei Jahren in China als Vierte nach verpatztem Auftakt und emotionaler Achterbahnfahrt schmerzlich knapp vorbei. Ihr Blick zurück fällt trotzdem positiv aus.

Geboren in Potsdam, aber längst heimisch im Berliner Verein Seglerhaus am Wannsee, nahm Ulrike Schümann zwei Mal Kurs auf die Olympischen Spiele. Einmal blieb sie wider Erwarten in der nationalen Ausscheidung hängen, verlor 2004 das Duell gegen Dauerrivalin Kristin Wagner. Dafür revanchierte sie sich vier Jahre später, qualifizierte sich in der Yngling für die Olympischen Spiele 2008. Ihr furioser Endspurt aber kam nach missglücktem Auftakt in chinesischen Gewässern zu spät. Es blieben die Holzmedaille für Platz vier und unvergessliche Eindrücke. „Es gibt nicht viele Menschen, die es zu den Spielen schaffen. Für mich wird der Einlauf ins Olympiastadion immer als magischster Moment meiner Segelkarriere in Erinnerung bleiben“, sagte Schümann nach dem wichtigsten Wettbewerb ihres Lebens.

Dass Ulrike Schümann über zwei Jahrzehnte zu den erfolgreichen deutschen Seglern und Seglerinnen zählte, begründet die dreimalige Vize-Weltmeisterin mit angeborener Leidenschaft: „Meine Karriere habe ich vor allem mir selbst zu verdanken. Ich hatte aber auch immer gute Trainer. Insbesondere mein erster Opti-Trainer hat mein Talent erkannt.“ In der ersten Klasse hatte eine Freundin sie zum Mitsegeln eingeladen. Das Mädchen musste mit den Eltern mit, langweilte sich aber allein. Wind und Sonne haben die kleine Uli damals derart fasziniert, dass sie ihre Hobbys Handball und Turnen aufgab und nur noch segeln wollte.

Ulrike Schümann war und ist selten um klare Worte verlegen. Auch deshalb wählten die Kadersegler sie für einige Jahre zu ihrer Aktivensprecherin.

Schümanns Temperament bekamen auch ihre Mitseglerinnen zu spüren, die sich nach Patzern harsche Kritik gefallen lassen mussten. Dabei wusste Schümann ihre Rage stets klar zu begründen: „Ich habe sehr, sehr hohe Erwartungen an mich und meine Crews.“

Sie selbst war ihre größte Kritikerin. So auch jetzt zum Abschied. Schümann hat erkannt, dass die ins Visier genommene dritte Olympiakampagne nicht auf einem für sie akzeptablem Niveau durchzuhalten ist.

Ulrike Schümann wurde von ihrem Arbeitgeber, der Daimler Financial Services AG, für Einsätze oft großzügig frei gestellt. Es war auch dieses indirekte Sponsoring, das ihr den Leistungssport auf höchstem Niveau ermöglichte. Sie zählte zu den wenigen Leistungsseglern in Deutschland, denen das vergönnt war. Dazu genoss die Selfmade-Frau eine solide Unterstützung ihres Vereins und fand immer wieder kleine und auch große Partner, die gerne zu ihr ins Boot stiegen.

Mit Schümann tritt eine der erfolgreichsten Sportlerinnen des DSV ab. Schümann: „Es ist auf der einen Seite schön, auf eine so erfolgreiche Karriere zurückblicken zu dürfen. Auf der anderen Seite ist es ein seltsames Gefühl, den olympischen Zirkus nach so langer Zeit zu verlassen. Ich freue mich aber darauf, mich nun auch anderen Herausforderungen des Lebens zu stellen. (Hamburg, 24. März 2010)